Stellungnahme zur Corviden-Verordnung
Mehrere Organisationen wie der Naturschutzbund Oberösterreich haben eine Stellungnahme zur geplanten Rabenvögel-Verordnung abgegeben.
Die Oö. Landesregierung beabsichtigt die Abänderung der Oö. Artenschutzverordnung, um hinkünftig das Fangen und/oder Erlegen einer festgelegten Zahl von Rabenkrähen und Elstern in einer bestimmten Zeit und außerhalb von Naturschutzgebieten, des Gebiets des Nationalparks und von Vogelschutzgebieten zu erlauben.
Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass aufgrund von Beschwerden von Landwirten über von Krähen verursachte Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen bzw. Einrichtungen eine Bestandsreduktion erforderlich ist, welche seit dem Jahr 2007 über den Weg der Ausnahmebewilligung für die Entnahme der Art in einem bestimmten Ausmaß erteilt wurde. Ein im Jahr 2015 durchgeführtes Monitoring brachte das Ergebnis, dass die bisher über den Weg der Ausnahmebewilligung genehmigte jährliche Entnahme von ca. 19.000 Individuen zu keiner Reduktion des Bestands der Rabenkrähe und ihres Verbreitungsbildes geführt hat.
Die bisher ebenfalls über Ausnahmebewilligungen geregelte Entnahme von jährlich rd. 2.500 Elstern erfolgte den erläuternden Bemerkungen zum Abänderungsentwurf zufolge zum Schutz von Niederwildarten und Raufußhühnern. Auch hier wurde keine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands festgestellt.
Daraus wird abgeleitet, dass für Rabenkrähen und Elstern weder ein landesweiter, noch ein ganzjähriger Schutz entsprechend der Oö. Artenschutzverordnung erforderlich ist. Daher soll entgegen der bisherigen Vorgehensweise, für die Reduktion der Vogelarten Rabenkrähe und Elster Ausnahmebewilligungen zu erlassen, die Oö. Artenschutzverordnung geändert und um den § 8a Sonderbestimmungen betreffend Rabenkrähen und Elstern erweitert werden.
Fachliche Anmerkungen
Es werden Bedenken hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der beabsichtigten Änderung der Oö. Artenschutzverordnung angemeldet, da das angestrebte Ziel der nachhaltigen Reduktion von Krähenvogelpopulationen beim vorliegenden Verordnungsentwurf nicht gegeben ist. Der Entwurf lässt populationsökologische Zusammenhänge in Ökosystemen unberücksichtigt und reduziert das „Problem“ auf eine einfache Kausalitätsbeziehung zwischen Nahrungsangebot und Populationsgröße. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der geplante Lösungsansatz letztlich nicht eine Zunahme der Krähenvogelbestände bewirkt.
Keine Berücksichtigung wissenschaftlicher Studien
Im Verordnungsentwurf werden keine wissenschaftlichen Studien über die Gefährdung von Vogelarten durch Krähenvögel in Oberösterreich berücksichtigt. Laufende umfangreiche Untersuchungen 1,2 sollten unbedingt berücksichtigt werden.
Habichtvorkommen beeinflusst Krähenbestand
Ein wichtiger Krähenvogelfeind ist der Habicht. Im Verordnungsentwurf wird dies nicht thematisiert. Dieses Faktum ist durch Standardarbeiten wissenschaftlich gesichert 3,4,5,6. Der Habicht-Bestand ist seit 1990 um rund 80 % zurückgegangen 7,8. Die Ursache liegt in der menschlichen Verfolgung. Als großflächig wirksame Erstmaßnahme zur Senkung der Krähenvogel-Bestände ist eine Wiederherstellung der seinerzeitigen Habicht-Dichte (rund 10 Paare/100 km²) anzustreben. Dadurch ist eine dauerhafte Senkung des landesweiten Krähenbestandes zu erwarten.
Krähenvogel-Monitoring - ohne größeren Ökologiebezug
Krähenvogel-Monitoring muss sich großflächig mit dem Monitoring von Krähen-Feinden (Habicht) überschneiden. Wissenschaftliche Studien dazu liegen in Oberösterreich vor 1,2,7,8, wurden im Verordnungsentwurf aber nicht berücksichtigt. So wurde der Elster-Bestand auf einer 112 km² großen Fläche erhoben. Es ist dringend anzuraten, die diesbezüglichen Erkenntnisse zu berücksichtigen und beim künftigen Krähenvogel-Monitoring zu berücksichtigen.
Fallen mit Lockvögeln gefährden Greifvögel
Lebende Lockvögel in Fallen jedweder Art stellen für diverse geschützte, geschonte und gefährdete Greifvogel- und Eulenarten einen großflächigen und ernstzunehmenden Gefährdungsfaktor dar. Nach bisherigen Kenntnissen sind eine Fangselektivität, Unversehrtheit sowie das Freilassen von „Fehlfängen“ beim Betrieb von sogenannten Krähen- und Elsternfallen nicht gegeben 9 . Folglich ist die Verwendung lebender Lockvögel auf jeden Fall abzulehnen.
Wir möchten darauf hinweisen, dass aus Naturschutzkreisen bereits im Vorfeld zur nunmehr beabsichtigten Änderung der Oö. Artenschutzverordnung und der Thematik der Krähenvogelbejagung stets eine klare Linie vertreten und eine Ausweitung der Krähenbejagung abgelehnt wurde 10,11. Eine Tötung der Vögel darf rein schon aus moralisch-ethischen Gründen immer nur das letzte Mittel sein und muss sich jedenfalls auch entsprechend begründen lassen. Angesichts der Brisanz der geplanten Verordnungsänderung und der nicht unbekannten Haltung der Naturschutzorganisationen zur strittigen Krähenvogelbejagung erlauben wir uns auch eine Kritik dahingehend, dass entgegen der üblichen Gepflogenheiten die geplante Änderung der Oö. Artenschutzverordnung nicht öffentlich auf der Homepage des Amtes der Oö. Landesregierung kundgemacht wurde.
Komplette Stellungnahme (0,2MB) |
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