Wenn der Frühling in großen Schritten naht, gibt es in der Natur allerlei zu entdecken, so auch in der heimischen Pflanzenwelt. Sieht man jetzt im März bei einem Spaziergang rosafarbene Tupfen aus dem Unterholz leuchten, dann hat der aufmerksame Naturbeobachter mit großer Wahrscheinlichkeit die Blüten des Gewöhnlichen Seidelbastes (Daphne mezereum) entdeckt, so der Naturschutzbund Oberösterreich.
Der Gewöhnliche Seidelbast ist ein kleiner 1 – 2 m hoher heimischer Strauch. Neben Hasel, Erle, Dirndl oder Salweide ist er einer der wenigen heimischen Sträucher, der schon so zeitig im Jahr zu blühen beginnt und viel Nektar produziert. Aus diesem Grund ist er bei Schmetterlingen, die als Falter überwintert haben, Bienen und Hummeln als Futterpflanze sehr beliebt. So sind dem Seidelbast Blütenbesucher, welche die Bestäubung übernehmen, sicher.
Eine weitere Besonderheit stellen die stark duftenden Blüten dar. Anders als bei allen anderen heimischen Pflanzen sitzen die Blüten direkt an den Zweigen des kleinen Strauches. Diese sogenannte Stammblütigkeit findet sich sonst fast ausschließlich bei tropischen Pflanzen, deren große Blüten von größeren Tieren wie Fledermäusen oder anderen kleinen Säugetieren bestäubt werden.
Die grünen Laubblätter entwickeln sich erst nach der Blüte. Sie sitzen direkt an der Spitze der Zweige. Diese charakteristischen graugrünen Blattbüschel sind kaum zu verkennen. Im alpinen Gebiet Oberösterreichs ist der Seidelbast sehr häufig zu finden, vor allem in Edellaubwäldern, in Schluchten und Hochstaudenfluren. Er bevorzugt kalkhaltige Böden und ist daher im Alpenvorland und in der Böhmischen Masse Oberösterreichs eher selten anzutreffen, erklärt die Biologin Barbara Wurm.
Wurden die Blüten im Frühling bestäubt, so erscheinen im August bis September die kräftig roten, kugelrunden, ca. 1 cm großen Früchte. Da die Blüten direkt an den Zweigen sitzen, tun dies die Früchte auch. Die kleinen beerenartigen Steinfrüchte sind äußerst giftig, im Altertum fanden sie aber trotzdem in magischen Rezepten und Heilmitteln Anwendung. Vor allem die extrem abführende Wirkung der Früchte brachte dem Seidelbast auch den Namen „Scheißlorbeer“ ein. Ein weiterer Name des kleinen Strauches ist „Kellerhals“ oder auch „Quälerhals“. Diese Namen beschreiben die quälenden Vergiftungserscheinungen, welche beim Verzehr der Früchte oder der Rinde zu Tage treten. Sie reichen von starken Entzündungen im Hals mit Rötungen und Blasen über Brechreiz, Übelkeit, Herzklopfen bis hin zu Nierenschäden und zum Kreislaufkollaps. Heute finden keine Pflanzenteile dieses hochgiftigen Strauches mehr medizinische Anwendung. Bachstelzen, Drosseln und Rotkehlchen scheint die Giftigkeit der Früchte jedoch nichts anhaben zu können. Sie sorgen für die Verbreitung der Samen.
Der Seidelbast ist also eine sehr interessante heimische Pflanze. Ein genauerer Blick lohnt sich allemal, so der Naturschutzbund Oberösterreich. Allerdings zählt der Seidelbast in Oberösterreich zu den vollkommen geschützten Pflanzen und darf daher weder ausgegraben, beschädigt oder vernichtet werden. Das Pflücken von blühenden Zweigen ist auch aus einem anderen Grund nicht zu empfehlen: Selbst der Blütenduft dieser Giftpflanze kann in geschlossenen Räumen Problem verursachen.
Mehr als nur Grün
Der Naturschutzbund Oberösterreich stellt im Jahr 2020 unter dem Motto „Mehr als nur Grün“ jedes Monat botanische Kostbarkeiten und „Allerweltsarten“, Pflanzen mit besonderen Ansprüchen an ihren Lebensraum oder Besonderheiten in ihrer Lebensweise vor.