Mehr als nur Grün: Der Venus-Frauenspiegel

Pflanze des Monats Juni

Venus-Frauenspiegel © Julia Kropfberger

Unmerklich sind in den letzten Jahrzehnten die bunten Blumen aus den Getreidefeldern und Äckern verschwunden. Kornblume und Klatschmohn sind oft nur noch auf die meist allzu schmalen Feldraine zurückgedrängt. Viele andere Ackerwildkräuter, einst als „Unkraut“ bezeichnet, sind mittlerweile so selten, dass sie in ihrem Bestand gefährdet oder bereits ausgestorben sind. Eine dieser bedrohten Pflanzenarten der Ackerflora ist der Venus-Frauenspiegel  (Legousia speculum-veneris), so der Naturschutzbund Oberösterreich. 

Der wärme- und lichtliebende Venus-Frauenspiegel ist ein einjähriges, bis zu 40 cm hohes Glockenblumengewächs. Die leuchtend dunkelvioletten Blüten mit weißem Saftmal im Zentrum sind von Juni bis August in locker bestockten Getreidefeldern und Weinbergen zu entdecken. Es findet eine reiche Produktion von Nektar statt. Bemerkenswert sind auch die Schlafbewegungen der Blüten: Sie öffnen sich morgens und schließen sich spät am Nachmittag. Die Frucht ist eine, sich unterhalb der Spitze 3-klappig öffnende Porenkapsel. Die leichten, hartschaligen Samen werden vom Wind oder vorbeistreifenden Tieren aus der Kapsel gestreut. Fruchtreife ist ab September.

In der Roten Liste der Gefäßpflanzen Oberösterreich ist dieses kleine Ackerpflänzchen als gefährdet eingestuft.

Aufgrund seines niedrigen Wuchses stellt der Venus-Frauenspiegel keine Konkurrenz für die Kulturpflanzen dar und hat deshalb den Namen „Unkraut“ nicht verdient. Dennoch ist es ihm wie vielen anderen Ackerbeikräutern ergangen, sie finden in der modernen Landwirtschaft keinen Platz.

Ackerbeikräuter, auch als Ackerbegleitflora oder Segetalarten (lat. seges, segetes: die Saat, das Saatfeld) bezeichnet, sind Pflanzen, die „wild“ ohne Zutun des Menschen auf Äckern wachsen. Sie haben ihre Lebensweise an den Bewirtschaftungsrhythmus der Kulturarten so eng angepasst, dass sie bei Einstellung der Bewirtschaftung ebenfalls verschwinden. Etwa 350 Blütenpflanzen-Arten kommen als Wildkräuter in Äckern, Gärten oder Weingärten vor. Von ihnen verursachen allerdings nur rund 20 Arten nennenswerte Ertragseinbußen bei Nutzpflanzen. Der Rest ist konkurrenzschwach und beansprucht kaum Platz, hat aber eine umso größere Bedeutung für die Artenvielfalt.

Kleine Geschichte der Ackerbeikräuter

Als der Ackerbau vor rund 7.000 Jahren in Mitteleuropa Einzug hielt, kamen auch viele der Ackerbeikräuter mit dem Getreideanbau aus dem Vorderen Orient und dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa. Darüber hinaus konnten sich aber auch in Mitteleuropa heimische, überwiegend einjährige Arten, die aus Flussauen, aber auch aus den von großen Pflanzenfressern teilweise offen gehaltenen Äsungs- und Trittflächen stammten, in diesen neuen Lebensraumtyp einnischen.

Sie waren durch viele Jahrhunderte allgegenwärtige Begleiter der Nahrungsmittelproduktion auf den Äckern und sorgten dort für bunte Farbtupfer. Eine große Anzahl von Insektenarten, insbesondere Wildbienen, Käfer und Schmetterlinge, sind auf ihren Nektar und Pollen angewiesen.

Heute ist die bunte, artenreiche Ackerflora durch die intensive Landwirtschaft mit chemischer Unkrautbekämpfung, hohen Düngergaben, Technisierung der Bodenbearbeitung und effiziente Saatgutreinigung ebenso wie durch das Auflassen von extensiv bewirtschafteten Äckern bedroht. Auch für viele Tierarten wie Feldhase und Feldlerche, die direkt oder indirekt auf Ackerwildkräuter als Nahrungsquelle angewiesen sind, bieten die blütenarmen, monotonen Felder keinen Lebensraum mehr.

Mittlerweile gibt es spezielle Schutzprojekte, um Ackerwildkräutern und ihre Lebensgemeinschaften – nicht zuletzt auch als Kulturerbe – in der Agrarlandschaft zu erhalten. Beispielswiese hat das Land Oberösterreich, Abteilung Naturschutz (Artenschutzprojekt für gefährdete Ackerbeikräuter in Oberösterreich; F. Lenglachner, A. Lugmaur & M. Strauch), ein spezielles Artenschutzprogramm für selten gewordene Ackerwildkräuter ins Leben gerufen, an welchem auch die Stiftung des Naturschutzbundes OÖ beteiligt ist,

Landwirte können durch schonend bewirtschaftete, Herbizid-freie Ackerrandstreifen und andere Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft leisten, rät der Naturschutzbund Oberösterreich.

           

Fotos:  © Julia Kropfberger

Mehr als nur Grün

Der Naturschutzbund Oberösterreich stellt im Jahr 2020 unter dem Motto „Mehr als nur Grün“ jeden Monat botanische Kostbarkeiten und „Allerweltsarten“, Pflanzen mit besonderen Ansprüchen an ihren Lebensraum oder Besonderheiten in ihrer Lebensweise vor.

Pflanzen melden auf Naturbeobachtung.at!

 

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