Naturschutzbund OÖ.-Stellungnahme zur Regelungen für Standorte von erneuerbaren Energieanlagen in Oberösterreich

Abb. 1: Ergänzungen der Ausschlusszone Mühlviertel Nord-Ost

Bei der Pressekonferenz am 20.12.2024 zur Umsetzung der RED III-Richtlinie (Renewable Energy Directive) wurden von Landesrat Markus Achleitner und Landeshauptmann-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner die Regelungen für Standorte von erneuerbaren Energieanlagen in Oberösterreich präsentiert. Für einen rascheren Ausbau erneuerbarer Energie ist eine Verordnung von Beschleunigungsgebieten für Windkraft und für Photovoltaik vorgesehen. In diesen vorgeprüften Gebieten ist künftig keine Umwelt- oder Naturverträglichkeitsprüfung mehr erforderlich. Weiters werden mit der Ausweisung von Ausschlusszonen jene Gebiete in Oberösterreich festgelegt, in denen die Errichtung von Windkraftanlagen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen ausgeschlossen wird. Die verbleibenden Landesteile gelten als neutrale Zonen, wo für Erneuerbaren-Projekte Einzelfallprüfungen nach den jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen sind.

Mit der Entscheidung zur Ausweisung sowohl von Beschleunigungs- als auch von Ausschlusszonen schlägt Oberösterreich einen richtungsweisenden Weg ein und leistet einen Beitrag zur Energiewende, ohne dabei den Arten- und Lebensraumschutz aus den Augen zu verlieren. Der Naturschutzbund Oberösterreich befürwortet diese Vorgehensweise ausdrücklich: Wir bekennen uns zum Erneuerbaren-Ausbau ebenso wie zum Schutz der Natur, denn nicht nur das Klima, sondern auch die Biodiversität befindet sich in einer veritablen Krise.

Dabei ist es besonders wichtig, nicht das große Ganze aus den Augen zu verlieren und die Gefahren schleichender Fehlentwicklungen auf insbesondere lokaler Ebene rechtzeitig zu erkennen und hier gezielt gegenzusteuern. So stellen etwa in Oberösterreich die letzten verbliebenen Großwaldgebiete außerhalb der Alpen bedeutende Rückzugsgebiete und letzte Refugien seltener und geschützter Arten dar, die auf störungsarme Lebensräume angewiesen sind. In diesem Zusammenhang besitzt gerade die Windenergienutzung ein nicht unerhebliches Potential, die Biodiversitätskrise zu befeuern. Wohl auch deswegen gibt die RED III-Richtlinie vor, beim beschleunigten Erneuerbaren-Ausbau auf die schützenswerte Natur besonders Rücksicht zu nehmen.

Das Ergebnis der Zonenausweisung zeigt, dass auf den Natur- und Landschaftsschutz keineswegs vergessen wurde. Im Süden Oberösterreichs entspricht die Ausschlusszone dem Geltungsbereich der Alpenkonvention und im Kobernaußerwald wurde durch ein räumliches Nebeneinander von Ausschluss- und Beschleunigungszonen der Versuch unternommen, ein ausgleichendes Interesse für den Naturhaushalt zu schaffen.

Auch im Mühlviertel wurden mit dem Böhmerwald, dem Freiwald und mit Teilen des Weinsbergerwaldes besonders jene aus der Sicht der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie wesentlichen Landschaftsräume als Ausschlusszone festgelegt.

Der Naturschutzbund tritt dafür ein, das Grünen Band, die Grenzbereiche entlang des ehemaligen Eiserner Vorhangs, als Biotopverbundsystem quer durch Europa zu erhalten und hier keine weiteren Infrastrukturprojekte jedweder Art zu forcieren. Der Naturschutzbund Oberösterreich plädiert daher dafür das Grüne Band ebenfalls als Ausschlusszonen zu definieren.

Insbesondere sollten aber im Nordosten des Mühlviertels folgende Ergänzungen der Ausschlusszone erfolgen - siehe auch Abb. 1:

Der Bereich Schenkenfelden ist ein herausragendes Gebiet für den Vogelzug in Österreich und es sind beim Bau von Windkraftanlagen negative Auswirkungen zu erwarten (BirdLife Österreich 2023). In den Richtlinien des Oö. Windkraft Masterplan 2017 wurde dieser überregional bedeutende Vogelzugkorridor als Ausschlusszone festgelegt. Auch in der RED III-Richtlinie wird Vogelzugkorridoren eine besondere Relevanz zugewiesen.

Zwischen Rainbach und Wullowitz befinden sich zwei überregional bedeutende Wildtierkorridore (Oö. Umweltanwaltschaft 2012), die als Teil des Europäischen Grünen Bandes für die Vernetzung der Böhmerwaldregion mit der Freiwaldregion entscheidend sind. Mit der Errichtung der S10 Mühlviertler Schnellstraße kommt es zu einer Landschaftszäsur quer zum Verlauf der beiden Korridore. Durch den Bau von Wildquerungshilfen soll die Barrierewirkung jedoch reduziert werden. Weitere Beeinträchtigungen im Umfeld müssen somit jedenfalls unterbleiben und die Korridore müssen mit Verweis auf die Ergebnisse im Windkraft-Masterplan 2017 als Ausschlusszonen verordnet werden. Die Sicherstellung der Funktion gerade dieser beiden Korridore ist u.a. von zentraler Bedeutung für die Etablierung einer überlebensfähigen Luchspopulation im Mühl- und Waldviertel, für die Oberösterreich eine besondere Verantwortung trägt.

Östlich von Königswiesen erstreckt sich bis zur Landesgrenze nach Niederösterreich das Waldgebiet des Stiftinger Forsts. Mangels damals ausreichender Informationen wurde im Oö. Windkraft-Masterplan 2017 hier nur der überregionale Wildtierkorridor als Ausschlusszone ausgewiesen. Die Ergebnisse der Wildtierkorridorstudie (Oö. Umweltanwaltschaft 2012), in der u.a. der Stiftinger Forst auch als Kernzone definiert und wo die naturschutzfachlich herausragende Bedeutung dieses Waldgebiets bereits erkannt wurde, konnten zwischenzeitlich bestätigt werden (zB. Leitner & Leissing 2020). Ebenso belegt ist die Funktion eines zur Reproduktion geeigneten Luchshabitats (Engleder & Fuxjäger 2024) sowie eine indirekte Bestätigung der Naturraumqualität durch Ausweisung als „Siedlungsferne Zone“ in der Oö. Wolfsmanagement-Verordnung. Zuletzt konnten auch bemerkenswerte Erkenntnisse zu den (windkraft-relevanten) Vogelvorkommen im Stiftinger Forst gewonnen werden (Steiner & Schmalzer 2024). Es verdichten sich demnach die Hinweise bzw. häufen sich die Nachweise, die ein erhöhtes Vorkommen von Arten der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie dokumentieren und die Notwendigkeit der Ausweisung eines Natura 2000-Schutzgebiets erhärten.

Die genannten Gebiete werden in der Zonenverordnung als neutrale Zonen geführt, obwohl sie nach den stichhaltigen Kriterien des Oö. Windkaft-Masterplans 2017 (als fachliche Grundlage der Verordnung) allesamt eindeutig als Ausschlusszonen auszuweisen sind. Konkret handelt es sich sogar um Teilräume innerhalb der Ausschlusszonenkulisse, denen eine übergeordnete naturschutzfachliche Relevanz zuzuschreiben ist.

Der Naturschutzbund Obersterreich sieht daher ins besonders eine Erweiterung der Ausschlusszone Mühlviertel Nord-Ost als erforderlich an, um wesentliche Beeinträchtigungen von wertvollen Naturräumen durch Windkraftnutzung zu vermeiden.

Quellen:

BirdLife Österreich (2023): Das Konfliktpotenzial zwischen Windkraftnutzung und Vogelschutz in Oberösterreich 2023, Linz: 63 S.

Oö. Umweltanwaltschaft (2012): Wildtierkorridore in Oberösterreich, Linz: 101 S.

Land Oberösterreich (2017): Richtlinie Oö. Windkraft-Masterplan 2017 – Kriterienkatalog, Linz: 15 S.

Engleder T. & Ch. Fuxjäger (2024): Luchsnachweise Österreich – Zusammenfassung der Luchsjahre 2020, 2021 und 2022 (Karte vom 18.4.2024 auf

Leitner H. & D. Leissing (2020): Erstellung eines Wildkatzenkorridorplans im Wald- & Weinviertel in Österreich und den Kreisen Südböhmen und Südmähren in Tschechien, Klagenfurt: 55 S.

Steiner H. & A. Schmalzer (2024): Ornithologische Erhebung Stiftinger Forst bei Königswiesen 2024, Piberbach: 42 S.

11.02.2025

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