BirdLife Österreich und Naturschutzbund OÖ fordern umgehend die Einstellung der Jagd auf bedrohte Arten Krick-, Tafel- und Schellente
Eine unzeitgemäße Schonzeitverordnung erlaubt in Oberösterreich, dass die in ihren Beständen stark gefährdeten Entenarten Krick-, Tafel- und Schellente von Mitte September bis Ende Dezember im Zuge der Bejagung von häufigeren Wasservögeln abgeschossen werden. Die Naturschutzverbände fordern die Landesregierung, vor allem die zuständige Landesrätin Michaela Langer-Weninger auf, dieser absichtlichen Schädigung der heimischen Biodiversität ein Ende zu setzen und die unverantwortliche Regelung noch vor der kommenden Jagdsaison zu korrigieren.
Das OÖ Jagdrecht sieht derzeit vor, dass Entenarten, die an unseren Gewässern brüten oder überwintern, ganzjährig geschont werden. Davon ausgenommen sind die fünf Arten Stock-, Reiher-, Krick-, Tafel- und Schellente, die jährlich von 16.9. bis Jahresende abgeschossen werden dürfen. Krick-, Tafel- und Schellente verfügen jedoch in OÖ sowie auch bundesweit über derart kleine Brutbestände, dass sie aktuell als gefährdet bzw. stark gefährdet eingestuft sind. So brüten im Bundesland nur 20 bis 30 Schell-, 10 bis 20 Krick- und gar nur 5 bis 10 Tafelentenpaare.
Dazu Hans Uhl, Leiter der Landessstelle von BirdLife in OÖ: „Alleine die stetigen Verschlechterungen ihrer Lebensräume, vor allem durch Klimaerwärmung und das daraus resultierende Verschwinden von Flachwasserzonen sowie zunehmender Druck durch Freizeitnutzung an den Gewässerufern, lassen ihr völliges Aussterben befürchten. Diese extrem seltenen Enten in einer so prekären Situation auch noch zu bejagen, ist aus Sicht des Vogelschutzes absolut unverantwortlich und dringend abzustellen!“
Jagdpraktiken fernab der Ansprüche eines zeitgemäßen Vogelschutzes
„Auch wenn die Winterbestände durch aus dem Norden hinzukommende Gäste an unseren Flüssen und Seen deutlich höher sind, handelt es sich bei Tafel-, Schell- und Krickente um österreichweit gefährdete Vogelarten, die dringend einen besseren Schutz benötigen“, so Uhl. „Außerdem wissen weder die Jagdverbände noch die Behörden des Landes OÖ, wie viele dieser seltenen Enten getötet werden, weil in den Jagdstatistiken nur ganz allgemein „Wildenten“ aufgelistet werden, ohne Aufgliederung nach Arten. Tausende Stockenten werden also gleichbehandelt wie Raritäten. Das ist aus Sicht des Vogelschutzes ein anachronistischer, unhaltbarer Zustand. Ohne artspezifische Dokumentation der Abschusszahlen ist nicht beurteilbar, wie sich die Jagd auf seltene Entenarten auswirkt“, so der Vogelschützer.
EU-Vogelschutzrichtlinie endlich auch in OÖ vollständig umsetzen
Am Beispiel der Tafelente wird deutlich, dass deren Bejagung auch der EU-Vogelschutzrichtlinie widerspricht. Sie gilt aufgrund starker Bestandsrückgänge nicht nur in Österreich, sondern sogar weltweit als gefährdet und befindet sich in einem „schlechten Erhaltungszustand“. Dieser Umstand verpflichtet laut EU-Vogelschutzrichtlinie die Mitgliedstaaten dazu, besondere Schutzmaßnahmen für die stark gefährdete Tafelente zu ergreifen. „Oberösterreichs kontraproduktiver Beitrag ist ihr Abschuss, der zahlenmäßig weder reglementiert noch überwacht wird“, merkt Uhl an, „Wir fordern die OÖ Landesregierung auf, das raschestmöglich zu korrigieren!“
„Eine Novellierung in dieser Hinsicht ist aus Sicht des Naturschutzes dringend von Nöten“, so Josef Limberger, Obmann des Naturschutzbundes Oberösterreich. „Eine weitere Verarmung an seltenen Arten können wir uns nicht leisten. Der Landesjagdverband, vor allem aber die Politik sollten hier ihrer Verantwortung dringend gerecht werden, Vorbildwirkung zeigen und Schritte setzen, um seltene Arten wie Tafel-, Krick- und Schellenten per Gesetz aus der Bejagung zu nehmen.“
Fotos: Krickente, Männchen © J. Limberger Krickente, Weibchen © N. Pühringer Schellente, Männchen, © J. Limberger Tafelente, Männchen © R. Jagersberger
Einbeziehung der Naturschutzverbände in die Novellierung des Oö. Jagdgesetzes gefordert
Derzeit laufen Gespräche zwischen Behörden und Interessensvertretungen zur Novellierung des OÖ Jagdgesetztes - bislang ohne jede Einbeziehung der Naturschutzverbände. Obwohl damit die künftige gesellschaftliche und rechtliche Behandlung von 40 teils in ihren Beständen bedrohten oder zumindest seltenen Vogelarten zur Debatte steht (neben seltenen Wasservögeln auch Auerhuhn, Steinadler etc.), soll der Vogelschutz offensichtlich eine untergeordnete Rolle spielen. Aus diesem Anlass fordern BirdLife und Naturschutzbund die Landesregierung dringend auf, ihre frühzeitige Einbindung in diese Gespräche zu ermöglichen und die Anliegen des Artenschutzes ernst zu nehmen. Der Vogelschutz darf im OÖ Jagdrecht nicht weiter als Nebensache behandelt werden!