Totholz und alte Wälder

Liegendes Totholz (Rotbuche) mit Zunderschwamm © J. Limberger

Lebensraum des Monats Mai

Seit der Eiszeit ist Mitteleuropa zum größten Teil ein Waldland. Dementsprechend ist auch ein hoher Anteil der Arten an alt- und totholzreiche Bäume und Wälder angepasst. Braunbär, Wolf und Luchs benötigen große Waldlandschaften, Spechte große Bäume für ihre Höhlen und viele Pilz- und Käferarten alte, zerfallende Baumruinen. Besonders die Insekten sind vielfältige Vergesellschaftungen mit Baumarten eingegangen. Im Lebenszyklus eines Baumes nimmt das Jugend- und Erwachsenenalter etwa die gleiche Zeitspanne ein wie die Alters- und Zerfallsphase. Ein Baum stirbt meist nicht einfach, vielmehr ziehen sich die Lebenskräfte langsam und über Jahrzehnte wieder zurück. Gerade in diesem späten Abschnitt bildet der Baum dann selbst Nahrung für xylobionte Arten.

Alter macht attraktiv

Ein alter Baum ist für wesentlich mehr Arten als Habitat geeignet als ein junger, da er einerseits mehr Strukturen und Kleinlebensräume aufweist, wie Höhlen, rauere Borke und abgestorbene Äste, und andererseits aufgrund seiner Größe von vielen Großvögeln als Horstbaum genutzt werden kann. Stehende Höhlenbäume sind vor allem für höhlenbrütende Vogelarten, Bilche und Fledermäuse wichtig. Stirbt ein alter Baum langsam ab, wird er zum Lebensraum einer vielfältigen Gemeinschaft von Totholzbewohnern.

In der Pionierphase der Zersetzung (Dauer etwa zwei Jahre) dringen erste Arten wie Holzwespen und Bockkäfer in den frisch abgestorbenen Holzkörper ein. Es folgt die Zersetzungsphase (Dauer etwa zehn bis zwanzig Jahre), in der die Pilze zunehmend den Holzkörper durchdringen und abbauen. Auch Insekten wie zum Beispiel der Hirschkäfer, dessen Larven bis zu acht Jahren im vermodernden Totholz leben, besiedeln das Holz in dieser Phase. Schließlich folgt die Humifizierungsphase, in der das Holz unter Einwirkung von Bakterien und Pilzen zu einer lockeren Masse zerfällt und in Humus übergeht. Bodenlebewesen wandern ein und tragen zur weiteren Zersetzung bei. Die im Holz gebundenen Nährstoffe stehen jetzt der nächsten Baumgeneration zur Verfügung und bieten ein hervorragendes Keimbeet für Sämlinge.

Fotos: Liegendes und stehendes Totholz sowie Spechtbäume sind wichtige Habitate für zahlreiche Arten © J. Limberger

Waldbesitzer aufgepasst

Aufgrund der großen Bedeutung von Totholz für die Erhaltung der Artenvielfalt sollte dieses im Wald zugelassen und gefördert werden. Es empfiehlt sich dabei kleine Baumgruppen für eine Außer-Nutzung-Stellung auszuwählen. Totholz im Wirtschaftswald ist ein Zeichen für eine naturnahe und nachhaltig arbeitende Waldbewirtschaftung, bietet Erosionsschutz, reguliert den Wasserhaushalt und bewirkt als Kohlenstoffspeicher eine langfristige Milderung des Klimawandels.

Es liegt an uns, die lebendige Vielfalt toten Holzes zu erkennen und ihr wieder mehr Raum zu überlassen.

Der Naturschutzbund Oberösterreich setzt sich durch „Naturfreikäufe“ für totholzreiche Wäldern ein. Unterstützen Sie durch Ihre Spende die Aktion Naturfreikauf!

Die Wanderausstellung „Lebendiges Totholz“ sowie die dazu gehörige Broschüre bieten einen Einblick in diesen faszinierenden Mikrokosmos. 

Lebensräume - Lebensträume

Jeder Art stellt bestimmte Ansprüche an ihren Lebensraum: Die einen mögen es warm und trocken, die anderen feucht und kühl. Es gibt Arten, welche beispielsweise nur im Wald oder im Moor zu finden sind, andere erobern selbst naturferne Biotope mitten in unseren Städten. Nur eine Landschaft mit einer bunten Palette an unterschiedlichen Lebensräumen bietet zahlreichen Lebewesen eine Heimat. Im Jahr 2021 stellt der Naturschutzbund verschiedene Lebensraumtypen Oberösterreichs, ihre typischen Bewohner und auch Gefährdungsursachen im Rahmen der Artikelserie „Lebensräume – Lebensträume“ vor.

 

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