Während Landesrätin Langer-Weninger das neue Oö. Jagdgesetz als Volltreffer bezeichnet, handelt es sich aus Sicht der Naturschutzverbände BirdLife Österreich, Naturschutzbund und WWF um einen Rohrkrepierer, vor allem bezüglich des Naturschutzes. Als gäbe es keine drängende Biodiversitätskrise, wurden diese öffentlichen Interessen jenen von veralteten Jagdtraditionen geopfert. Die wesentlichsten, von den Verbänden eingebrachten Verbesserungsvorschläge blieben unberücksichtigt. So wird der Oö. Landtag am 25. Jänner ein Jagdgesetz beschließen, dass alles andere als modern ist und schon bei Inkrafttreten enorme Nachteile für den Arten- und Lebensraumschutz bringen wird.
Bedrohte, heimische Vogelarten weiter bejagt
Ein deutliches Beispiel für das Beharren auf überholten Jagdtraditionen ist, dass sich unter den 41 in Oö. weiterhin jagdbaren Vogelarten 25 finden, die in ihren Beständen als gefährdet gelten. Tafelente, Moorente und Turteltaube sind Beispiele dafür. Während andere Länder notwendige Schutzmaßnahmen für diese Vogelarten ergreifen, können diese in Oberösterreich legal getötet werden. „Ohne Dialog und Argumente wurden unsere langjährigen Forderungen, gefährdete Vogelarten vom Jagdrecht in das Naturschutzrecht zu übernehmen, abgeschmettert. Ein wirklich modernes, an den aktuellen Anliegen des Vogelschutzes orientiertes Jagdrecht, würde völlig anders aussehen“, so Hans Uhl von BirdLife Österreich.
Rückschritte bei der Verfolgung von Wildtierkriminalität
Weiters wurde die Chance, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die anhaltende Problematik von Wildtierkriminalität nachzuschärfen, nicht genutzt. Vielmehr wird durch das neue Jagdgesetz die Aufdeckung von Wildtierkriminalität erschwert – sei es durch das Kriminalisieren des Aufnehmens von toten Tieren sowie die Schwächung einer unabhängigen Jagdkontrolle.
Vollkommend überschießend ist zudem, dass das Füttern von allen jagdbaren Arten künftig für die breite Öffentlichkeit bzw. alle Nichtjäger:innen strafbar ist. Solange eine Vielzahl an Vogelarten wie Ringeltaube oder Türkentaube als jagdbare Arten eingestuft bleiben, wird dadurch die Vogelfütterung im Garten strafbar. Ein „Volltreffer“, der auch die naturbegeisterte breite Bevölkerung trifft.
Wildfütterung versus klimafitter Wald
Obwohl Österreich und damit auch Oberösterreich aufgrund von Überhege europaweit die höchste Schalenwilddichte aufweist und dies zu massiven Problemen beim Aufbau von naturnahen, klimafitten Wäldern führt, bleibt das Füttern insbesondere auch von Rehwild vom 16. Oktober bis zum 15. Mai in allen Landesteilen erlaubt. „Laut Gesetzestext hat die Fütterung angemessen, artgerecht und auf die erforderliche Dauer zu erfolgen, aber was artgerecht und angemessen ist, bleibt nach wie vor den Jäger:innen überlassen“, so Julia Kropfberger vom Naturschutzbund Oberösterreich. „Bereits jetzt ist die Etablierung von Laub- und Laubmischwäldern aufgrund der Verbisssituation äußerst schwierig, wird aber ohne Reduktion der Schalenwildbestände immer aussichtsloser – und das in Hinblick, dass Natur und Mensch in Zukunft dem Klimawandel trotzende Wälder dringend benötigen.“
Fehlende Rechte der Öffentlichkeit widersprechen EU- und Verfassungsrecht
Die wesentlichen, von den Verbänden eingegebenen Verbesserungsvorschläge blieben weitgehend unberücksichtigt. „Wie in vielen anderen Bundesländern ignoriert die Politik auch hier geltendes Recht, das eine Einbindung von anerkannten Organisationen vorsieht“, sagt WWF-Artenschutzexpertin Christina Wolf-Petre. Im Gegensatz dazu wurde etwa die Landwirtschaftskammer sogar namentlich mit einer Forderung im Gesetzesentwurf aufgenommen. Die Umweltschutzorganisationen hatten zwar die Möglichkeit einer Stellungnahme – das ist rechtlich gesehen aber zu wenig. Wolf-Petre: „Genau wegen solcher Pseudobeteiligung hat die Europäische Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eröffnet.“
23.01.2024
Weitere Infos: Stellungnahme vom Naturschutzbundes Oberösterreich zur Novelleriung des Jagdgesetzes (November 2023)