Eule in Wohnungsnot

Zauberhaft schön ist sie, die etwa taubengroße Schleiereule: Oberseits goldbraun, die Unterseite rostbraun bis weiß. Wie ein feines Gespinst scheint über ihr Federkleid ein "Perlenschleier" aus dunklen Punkten geworfen zu sein. Charakteristisch und auch namensgebend ist der deutlich ausgeprägte, herzförmige Gesichtsschleier.

Die Schleiereule – Jägerin auf leisen Schwingen

© Josef Limberger
Lebensraum und Lebensweise:
Schleiereulen bevorzugen als Lebensraum Niederungsgebiete (bis in eine Seehöhe von etwa 500 m) mit einer durchschnittlichen winterlichen Schneelage von weniger als 40 Tage Dauer und weniger als 7 cm Höhe.
Die Schleiereule ist in Mitteleuropa ein Kulturfolger; als solcher hat sie sich eng an menschliche Siedlungen angeschlossen. So brütet diese Eulenart –wo es heute noch möglich ist– in Kirchtürmen (daher auch der niederländische Name „Kerkuil“) oder im Gebälk von Scheunen (daher der englische Name „Barn Owl“). Aber viele Kirchtürme sind in den letzten Jahrzehnten durch Vergitterung der Einflugöffnungen – gegen verwilderte Haustauben und Dohlen– auch für Schleiereulen unzugänglich gemacht geworden.

 

Kleines Lexikon:
Kulturfolger sind Tier- und Pflanzenarten, die auf Grund der günstigen Lebensbedingungen den menschlichen Kulturbereich als Lebensraum bevorzugen. Auch ihre Verbreitung verdanken diese zum Teil dem Menschen.  Weitere Kulturfolger der heimischen Vogelwelt neben der Schleiereule sind zum Beispiel Mehl- und Rauchschwalbe, Sperling und Weißstorch. 

Offenes Kulturland mit ganzjährig kurzer Vegetation ist das bevorzugte Jagdgebiet.

Die Nahrung der Schleiereule besteht bis zu 96% aus Kleinsäugern, hauptsächlich Feld- und Spitzmäusen; nur in einem geringem Umfang werden Vögel, Amphibien und Insekten erbeutet. Schleiereulen jagen zwar vorwiegend in offenem Kulturland, hier aber kaum auf weiten, baumlosen Feldflächen, sondern am Rand von Siedlungen, Straßenböschungen oder in durch Hecken oder anderen Strukturen aufgelockertem Gelände.

Vorkommen in Oberösterreich
Im 19. Jahrhundert war die Schleiereule in Oberösterreich –wie der Steinkauz – in Niederungen und Siedlungen weit verbreitet. Vermutlich waren alle Tieflagen Oberösterreichs besiedelt. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts nahm der Bestand ab. Warum die Art bereits Ende des 19. Jahrhunderts im Bestand abnahm, kann nicht schlüssig beantwortet werden. In den 1970er Jahren galt die Schleiereule in Oberösterreich verschollen.

Der spätere Zusammenbruch der Population in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hängt, wie auch beim Steinkauz, mit der Intensivierung der Landwirtschaft, v.a. durch Umwandeln von Wiesen und Weiden in Ackerflächen zusammen. In der heutigen Zeit fallen auch viele Tiere dem Straßenverkehr zum Opfer. Und Scheunen, in denen die Eulen gebrütet und im Winter Nahrung und Schutz vor der Witterung fanden, wurden verschlossen, ebenso Kirchtürme.

Aktuell siedelt die Art beständig nur in einer kleinen Population im südwestlichen Innviertel im Anschluss an die bayrischen Vorkommen. Im übrigen Oberösterreich brütet sie nur sporadisch im nördlichen Innviertel und im südlichen Kremstal. Abseits des Alpenvorlandes gibt es aktuelle Hinweise aus dem Böhmerwald und dem Machland. 

Zur Aktion „Offene Türme, offene Dörfer“:
Das Nistplatzangebot dürfte ein wichtiger limitierender Faktor für die Art sein. So tritt diese Eule erst wieder in Oberösterreich auf, seit ihr in geeigneten Habitaten Nisthilfen angeboten werden. Um die Wohnungsnot der Schleiereule zu mildern, wurden vom Naturschutzbund Oberösterreich im Rahmen der Aktion „Offene Türme, offene Dörfer“ in den letzten Jahren über 50Nistkästen in ganz Oberösterreich angebracht. Weitere sollen folgen.

Neben dem Anbringen von Nisthilfen ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Wiesen, Weiden, Tümpeln, Feldrainen und Ödlandflächen aber unabdingbar, um das Überleben dieser schöne Eulenart zu sichern. Nicht nur der Schleiereule, sondern auch vielen anderen Tier- und Pflanzenarten wäre damit geholfen.

Steckbrief Schleiereule:
Größe: etwa 34 cm
Flügelspannweite: 90- 98 cm
Gewicht: Männchen 290- 340 g;
Weibchen normalerweise 310- 370 g, während der Eiablage und der Brut jedoch deutlich schwerer, im Mittel 415 g
Gefieder: Oberseits goldbraun, unterseits rostbraun bis weiß mit dunklen Punkten
Kennzeichen:
herzförmiger Gesichtsschleier, relativ kleine, schwarze Augen
Nahrung: v.a. Mäuse (Wühlmäuse, Spitzmäuse und Echte Mäuse)
Lebensraum: reich strukturierte Kulturlandschaft
Status in Oberösterreich: sehr seltener Brutvogel
 
 

Spuren der seltenen Schleiereule

© Heidi Kurz

Der Winter ist die ideale Zeit, um die Tageseinstände der in Oberösterreich seltenen Schleiereule (Tyto alba) auf Spuren abzusuchen. Ein sicheres Indiz für die Anwesenheit einer Schleiereule sind Federn oder sogenannte "Speiballen", auch "Gewölle" genannt, die vier bis sechs Zentimeter lang sind und einen glänzend schwarzen Überzug besitzen.

Falls Sie solche Gewölle oder Federn in Ihrem Schuppen, Stadel oder einem anderen landwirtschaftlichen Gebäude finden, dann senden Sie bitte ein Foto davon samt Ortsangabe an Heidi Kurz und unterstützen Sie damit diese einzigartige Aktion des Naturschutzbundes Oberösterreich!

Junge Schleiereulen sind Weitwanderer!

© Heidi Kurz

Um Informationen zu Wiederansiedelungsversuchen von jungen Schleiereulen zu bekommen, wurden heuer im Bezirk Braunau 58 Jungeulen mit Vogelwarte-Ringen versehen, farbmarkiert, vermessen und gewogen.

Ein am 17.05.2015 von Mag. Heidi Kurz, Biologin des Naturschutzbundes Oberösterreich, in Schwand im Innkreis (Oberösterreich) beringter Schleiereulen-Nestling wurde am 19.10.2015 in Mittelfranken (Deutschland) in einer Entfernung von 175 Kilometer wieder gefunden. Studien aus Süddeutschland zeigen ebenfalls, dass Jungvögel bis zur Brutansiedelung hunderte Kilometer umherstreifen.

Sicher ist auch, dass der Straßen- und Schienenverkehr wohl die größte Gefahr für die Eulen darstellt.

 

Erstmalige Beringung in Oberösterreich

Im Sommer 2015 wurden jungen Schleiereulen in Oberösterreich erstmalig beringt. "13 erfolgreich besetzte Brutreviere gibt es heuer im Bezirk Braunau", freut sich Projektleiter Herbert Höfelmaier. Insgesamt konnten bereits 44 Jungeulen von Naturschutzbund-Mitarbeiterin Heidi Kurz mit Vogelwarte- und Farbringen versehen, vermessen und gewogen werden.

Das Projekt "Offene Türme, offene Dörfer" des Naturschutzbund Oberösterreich und der Abteilung Naturschutz des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung unterstützen das einzige Vorkommen dieser Eulenart im südwestlichen Innviertel.

 

Nisthilfen für seltene Schleiereule im Bezirk Vöcklabruck

Dank dem Veterinärmediziner Dr. Franz Kritzinger, welcher seit einigen Jahren bei den Landwirten im Bezirk Vöcklabruck wertvolle Aufklärungsarbeit betreffend der Schleiereule leistet, konnten im Sommer 2014 in den Gemeinden Frankenburg, Timelkam und Nußdorf am Attersee mehrere Nistkästen in Scheunen und anderen landwirtschaftlichen Gebäuden montiert werden.

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