Was treibt viele Menschen dazu, weit in die Ferne zu reisen? Oft suchen sie in der äußeren Fremde nur das Fremde in sich. Berndt Fischer dreht den Spieß um: er sucht das Fremde im Vertrauten seiner Heimat. Seit seiner Kindheit ist er dem Grenzgebirge, das Bayern und Österreich von Tschechien trennt, begegnet, zunächst als Wanderer, dann als Naturliebhaber und schließlich als Fotograf und Buchautor.
Der Böhmerwald war in der Vorgeschichte eine fast unüberwindliche Barriere aus Urwäldern und Bergkämmen, dann eine Grenze von Kaiser- und Königreichen, später eine überschreitbare Grenze von Nationalstaaten und schließlich der erneut unüberwindliche Eiserne Vorhang.
Heute erscheinen diese Höhenzüge auf den ersten Blick als eher bescheidene Waldberge, die es aber in sich haben. Im ehemaligen Niemandsland zwischen West und Ost entstanden zwei Nationalparks und zahlreiche Naturschutzgebiete. Aus dem militarisierten und entvölkerten Areal wurde ein ungeahntes Rückzugsgebiet für die Natur: wir finden drei verschiedene Adlerarten, Teiche voller blauer Frösche, unberührte Moore und Sümpfe, Bergbäche und mäandrierende Flüsse, schier endlose Wälder mit Urwaldrelikten, heimliche Waldbewohner wie Schwarzstorch, Auerhahn, Luchs und Elch.
In der Multivision wird das fremdartig Anmutende, der wilde Kern dieser nach außen hin so harmlos erscheinenden Mittelgebirgslandschaft, sichtbar gemacht: hier gibt es noch den rauen Winter auf Bergen, in denen der sprichwörtliche böhmische Wind wohnt, und den blütenreichen Frühling mit seiner funkelnden Makrowelt von Insekten, Spinnen und Schlangen, das geheimnisvolle Leben der „Nachtwandler“, die Rückkehr der Großtiere, die als Grenzgänger den Weg über die ehemalige Todesgrenze gefunden haben.
Wir erleben eine archaische Landschaft voller poetischer Stimmungen, in der die Relikte einer leidvollen Geschichte nur als stumme Zeugen überlebt haben. Ein Kapitel ist der Geschichte des Eisernen Vorhangs und der Nachkriegszeit gewidmet, jener Epoche, in der mit dem Niemandsland zwischen Ost und West ein menschenleerer Naturstreifen entstanden ist und aus der die toten Dörfer Böhmens stammen.
Wie kaum ein anderer Fotograf hat Berndt Fischer das Leben auf dem Grünen Dach in einfühlsamen Bildern festgehalten und mit Musik verwoben. In seinem Livekommentar berichtet er auf spannende und humorvolle Art von früher und heute, von hüben und drüben und von den zahllosen Begegnungen mit den tierischen Hauptdarstellern.