Lebendig wie Totholz

© Josef Limberger

Seit der Eiszeit ist Mitteleuropa großteils ein Waldland. Dementsprechend ist auch ein hoher Anteil der Tierarten an Bäume angepasst. Braunbär, Wolf und Luchs benötigen große Waldlandschaften, Spechte große Bäume für ihre Höhlen und viele Bockkäfer alte, zerfallene Baumruinen. Besonders die Insekten sind vielfältige Vergesellschaftungen mit Baumarten eingegangen.

Im Lebenszyklus eines Baumes nimmt das Jugend- und Erwachsenenalter etwa die gleiche Zeitspanne ein wie die Alters- und Zerfallsphase. Ein Baum stirbt meist nicht einfach, vielmehr ziehen sich die Lebenskräfte langsam und über Jahrhunderte wieder zurück. Gerade in diesem späten Abschnitt bildet der Baum dann selbst die Nahrung für Tierarten.

Alter macht attraktiv

Ein alter Baum ist für wesentlich mehr Arten geeignet als ein junger, da er einerseits mehr Strukturen und Kleinlebensräume aufweist, wie Höhlen, rauere Borke und abgestorbene Äste, und andererseits aufgrund seiner Größe von vielen Großvögeln als Horstbaum genutzt werden kann. Stehende Höhlenbäume sind vor allem für höhlenbrütende Vogelarten, Bilche und Fledermäuse wichtig. Stirbt ein alter Baum langsam ab, wird er zum Lebensraum einer vielfältigen Gemeinschaft von Totholzbewohnern.

In der Pionierphase der Zersetzung (Dauer etwa zwei Jahre) dringen erste Arten wie Holzwespen und Bockkäfer in den frisch abgestorbenen Holzkörper ein. Es folgt die Zersetzungsphase (Dauer etwa zehn bis zwanzig Jahre), in der die Pilze zunehmend den Holzkörper durchdringen und abbauen. Auch andere Insekten, wie zum Beispiel der Hirschkäfer, dessen Larven bis zu acht Jahren im vermodernden Totholz leben, besiedeln das Holz in dieser Phase. Schließlich folgt die Humifizierungsphase, in der das Holz unter Einwirkung von Bakterien und Pilzen zu einer lockeren Masse zerfällt und in Humus übergeht. Bodenlebewesen wandern ein und tragen zur weiteren Zersetzung bei. Die im Holz gebundenen Nährstoffe stehen jetzt der nächsten Baumgeneration zur Verfügung und bieten ein hervorragendes Keimbett für Sämlinge.

Waldbesitzer aufgepasst

Aufgrund der großen Bedeutung von Totholz für die Erhaltung der Artenvielfalt sollte dieses im Wald zugelassen und gefördert werden. Es empfiehlt sich daher, kleine Baumgruppen für die Außernutzungstellung auszuwählen. Totholz im Wirtschaftswald ist ein Zeichen für eine naturnahe und nachhaltig arbeitende Waldbewirtschaftung, bietet Erosionsschutz, reguliert den Wasserhaushalt und bewirkt als Kohlenstoffspeicher eine langfristige Milderung des Klimawandels.

Es liegt an uns, die lebendige Vielfalt toten Holzes zu erkennen und ihr wieder mehr Raum zu überlassen. Der Naturschutzbund Oberösterreich setzt sich durch „Naturfreikäufe“ gezielt für totholzreiche Wälder ein.

 

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