Die Phänologie ist ein spannendes Forschungsfeld, welches sich mit den zeitlichen Abläufen biologischer Ereignisse in der Natur befasst. Sie beschreibt die jährlich wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungsprozesse von Pflanzen und Tieren in Bezug auf den Jahreskreis wie beispielsweise Blühbeginn, Blattaustrieb und Fruchtreife. Der Naturschutzbund Oberösterreich beschäftigt sich im Jahr 2025 mit dieser Wissenschaft, welche Ökologie und Meteorologie verbindet, und stellt typische Phänomene der zehn – statt vier – Jahreszeiten des phänologischen Kalenders vor.
Wenn die Früchte der Rosskastanie und der Stiel-Eiche reif vom Baum fallen und die Obsternte endgültig abgeschlossen wird, befinden wir uns im Vollherbst. Gegen Ende dieser Phase verfärben sich die Blätter der meisten Laubgehölze in Gärten, Parks und Wälder in leuchtendes Gelb, Orange und Rot. Auch das Wetter ändert sich spürbar. Zwar mag tagsüber die Sonne scheinen und damit einen Hauch vom letzten Sommer vermitteln, doch am Abend wird es empfindlich kühl und die Temperaturen sinken deutlich. In manchen Nächten friert es sogar. Morgens ist alles kalt und nass vom Tau.
Erntezeit im Wald
Wenn der Herbst richtig in Fahrt kommt, ist der Waldboden in vielen Regionen nahezu übersät mit den rotbraunen Bucheckern, den Früchten der Rotbuche. Ein gutes Buchenjahr wird auch „Vollmast“ genannt. „Früher wurden die Hausschweine zum Mästen mit Bucheckern in den Wald geschickt, daher der Begriff“, erklärt der Naturschutzbund Oberösterreich. Von diesem Phänomen profitieren auch wildlebende Säugetiere wie Eichhörnchen, Mäuse oder Siebenschläfer. Die reichlich dargebotene, fettreiche Nahrung wird von ihnen dringend für den bevorstehenden Winter benötigt. Auch bei Vogelarten wie dem Eichelhäher stehen die Früchte der Waldbäume auf dem Speiseplan. Nicht nur Bucheckern sind wahre Energiebomben, auch Eicheln, Wal- und Haselnüsse stehen bei vielen Tieren hoch im Kurs.
Naturgarten im Herbst – Nahrung und ein Plätzchen zum Überwintern
Für die Tierwelt hat der naturnahe Garten jetzt noch viel zu bieten. Die Blüten der Bäume und Sträucher sind zu saftigen Früchten herangereift, an denen Vögel, aber auch spät fliegende Insekten noch zuckersüßen Saft naschen können. Auch die meisten krautigen Pflanzen haben die Blütezeit hinter sich und schmücken nun den Garten mit ihren Samenständen, welche den verbleibenden Wintervögeln als dienen.
Viele Insekten wie Wildbienen oder Schmetterlinge, die noch vor einigen Wochen fleißig umhergeschwirrt sind, haben ihre Nachkommen als Eier, Raupen oder Puppen in hohle Stängel und Grasbüschel oder an anderen Pflanzen sowie unters Laub „schlafen gelegt“. Im nächsten Jahr bestäuben diese unsere Obstbäume, wenn wir das Falllaub liegen und Halme der Stauden über den Winter stehen lassen und den Insekten so ein sicheres Plätzchen zum Überwintern gewähren.
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Fotos: Herbstlicher Buchenwald; © H. Kurz Eichelhäher mit Eichel; © J. Limberger Kulturlandschaft im Vollherbst; © H. Kurz
Egal ob Insekten wie das Tagpfauenauge, die sich in den Dachboden als Winterversteck zurückziehen, oder Vögel, die am liegen gebliebenen Fallobst naschen, wie zu jeder Jahreszeit gibt es auch im Vollherbst in der Natur viel zu beobachten.
Bitte melden Sie Ihre Naturbeobachtungen – gerne mit Bild – auf der Citizen Science Plattform des Naturschutzbundes sowie der gleichnamigen App am Smartphone www.naturbeobachtung.at. Die gesammelten Daten werden für Natur- und Artenschutzprojekte verwendet.
Nachlese:
Vorfrühling – Erwachen der Natur
Erstfrühling – die zweite Jahreszeit des phänologischen Kalenders
Vollfrühling – duftendes Blütenmeer
Frühsommer – der Duft des Sommers
Hochsommer – lange Tage, laue Nächte
Spätsommer – das Ende der warmen Jahreszeit
Bestellen und Nachlesen: Natur & Land-Sonderheft "Phänologie - die zehn Jahreszeiten"
22.10.2025