Rekorde der heimischen Natur: Flechten - ungewöhnlichste Lebensgemeinschaften

Rekordhalter des Monats November

Flechten auf Zaunpfosten © Franz Berger

Oft geht es in der Natur um Jäger und Gejagte, Fressen und Gefressen-werden – aber nicht nur. Es gibt auch echte Partnerschaften „auf Augenhöhe“: Vergesellschaftungen von Individuen unterschiedlicher Arten, die für alle beteiligten Partner vorteilhaft sind, werden als Symbiosen bezeichnet. Ein Extrembeispiel einer symbiotischen Beziehung sind Flechten, so der Naturschutzbund Oberösterreich.

Von außen betrachtet wirken Flechten wie ein Lebewesen. Tatsächlich handelt es sich um faszinierende Lebensgemeinschaften zwischen einem Pilz sowie weiteren Partnern, meist Grünalgen oder sogenannte Cyanobakterien. Die Partner profitieren voneinander: die Grünalgen bzw. Cyanobakterien stellen den mittels Photosynthese hergestellten Zucker zur Verfügung, als Gegenleistung bietet der Pilz mit seinem Geflecht aus Pilzhyphen die Struktur. Die Eigenschaften der Flechten setzen sich deutlich von jenen der Organismen ab, aus denen sie sich zusammensetzen. Auch die typischen Wuchsformen der Flechten bilden sich erst durch das enge Zusammenleben aus.

Große Vielfalt

Weltweit gibt es rund 25.000 Flechtenarten. In Mitteleuropa kommen davon etwa 3.000 vor. Flechten existieren in einem breiten Spektrum an Farben, das von weiß über leuchtendes Gelb, verschiedene Brauntöne, kräftiges Orange, tiefrot, rosa, olivgrün, blaugrün und grau bis zu tiefschwarz reicht.

Da viele Flechten sehr langsam wachsen, sind sie nur in Ausnahmefällen der Konkurrenz von Blütenpflanzen und Moosen gewachsen. Erst dort, wo Pflanzen an ihre Grenzen stoßen, können Flechten den Triumph ihrer ungewöhnlichen Lebensgemeinschaft ausspielen. Als wahre Extremisten besiedeln Flechten Sonderstandorte wie das Hochgebirge, die Rinde alter Bäume, alte Glasfenster an Kirchen, Plastikfolien oder sogar Eisenbahnschienen. Nur mit Luftverschmutzung kommen die meisten Arten nicht zurecht. Das hat in weiten Teilen Mitteleuropas in den letzten 40 Jahren zu einem drastischen Rückgang und sogar Verschwinden vieler Arten geführt. Als Beweis dafür dienen alte Belege in Herbarien. Das Fehlen oder Vorkommen von bestimmten Flechtenarten kann daher dazu benutzt werden, die Luftbelastung abzuschätzen, so Franz Berger, Flechtenexperte des Naturschutzbundes.

Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum) © Roman Türk Krustenflechte (Lecidella elaeochroma) und Gewöhnliche Gelbflechte (Xanthoria parietina) © Josef Limberger Becherflechte (Cladonia coccifera) © Josef Limberger

 

Schneller, höher, weiter, spektakulärer

Im Jahr 2022 stellt der Naturschutzbund in der Artikelserie „Rekorde der heimischen Natur“ monatlich beeindruckende Höchstleistungen der Tier- und Pflanzenwelt Oberösterreichs vor und will so auf die beeindruckende Artenvielfalt unseres Landes aufmerksam machen.

Lesen Sie zu den Rekordhaltern der heimischen Natur:

Monat Jänner: Den Wanderfalken Monat Juli: Libellen
Monat Februar: Der Zitronenfalter Monat August: Der Rundblättrige Sonnentau
Monat März: Der Springfrosch Monat September: Die Herbstzeitlose
Monat April: Der Feldhase Monat Oktober: Die Berberitze
Monat Mai: Die Weitwanderer  
Monat Juni: Greifvögel  

 

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